Aktuelles aus der Versorgung: Wer nimmt überhaupt Hilfe in Anspruch (Daten aus 2022)?
Auch im Kalenderjahr 2022 war die Beratungstätigkeit der Fachstellen nachhaltig durch die COVID-19-Pandemie beeinflusst. Ungeachtet dessen kann der Auslastungsgrad der beiden Beratungsstandorte weiterhin als hoch angesehen werden, auch wenn aufgrund der Stellenanteile die Mehrheit der Beratungskontakte in Bremen-Stadt (volle Stelle in Bremen-Stadt vs. 10 Std./Woche in Bremerhaven) stattfand. Im Jahr 2022 hatten die Berater*innen beider Standorte insgesamt 190 Kontakte zum Thema „Glücksspiel und Glücksspielsucht“. Im Hinblick auf die ratsuchenden Personen mit einer Glücksspielproblematik (n = 116) lassen sich folgende Angaben machen:
- Die Mehrheit (bezogen auf die jeweiligen Antwortkategorien pro Merkmal) war männlich (93,1%), unter 34 Jahre alt (48,7%), hatte keinen Migrationshintergrund (60,3%), wies einen höheren Bildungsabschluss als den Hauptschulabschluss auf (71,8%), war nicht erwerbslos (84,5%), war ledig (65,9%), in fester Beziehung (52,4%) und nicht alleine lebend (65,9%).
- Etwas mehr als sieben von zehn Personen (73,4%) berichteten von nur einer problemverursachenden Glücksspielform. Zu den häufigsten Problemspielformen zählten: Geldspielgeräte in Spielhallen (56,9%), Automatenspiele im Internet (25,7%), Sportwetten im Internet (20,2%) und vor Ort (9,2%). Ein Viertel der Personen mit Problemen durch Geldspielgeräte berichtete von einem Erstkontaktalter von 18 Jahren oder jünger. Generell lässt sich hier erkennen, dass Online-Glücksspiele als Problemspielformen im Beratungskontext spürbar an Bedeutung zugenommen haben.
- Etwa die Hälfte der beratenen Personen (51,2%) hatte bisher keine Hilfen in Anspruch genommen und war durch das Internet (48,3%) oder andere Personen (30,3%) auf das Beratungsangebot der FGB aufmerksam geworden. Etwas mehr als sieben von zehn Personen (73,6%) besuchten die Beratung auf Eigeninitiative.
- Eine hohe Beteiligungsintensität (in Form von Zeit und Geld) sowie eine ausgeprägte psychosoziale Belastung in zahlreichen Lebensbereichen gingen bei dieser Klientel einher mit einem zum Teil erheblichen Leidensdruck durch glücksspielbedingte Schulden (38,1% bis 10.000€; 20,2% bis 25.000€; 14,3% bis 50.000€; 6,0% über 50.000€).
- Die mittlere Anzahl an Beratungskontakten lag bei 4,7 Sitzungen, die mittlere Beratungsdauer bei 3,1 Monaten.
- Bei der Hälfte der hilfesuchenden Personen (50,0%) wurde die Problematik zu Beratungsende von den Beratenden als „gebessert im Sinne von zunehmender Kontrolle über das Glücksspielen“ beschrieben.
Ausmaß glücksspielbezogener Probleme
Zum Ausmaß glücksspielbezogener Probleme auf Bevölkerungsebene stammen die aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2021. Nach einer Umfrage des Instituts für interdisziplinäre Sucht-und Drogenforschung (ISD Hamburg) in Kooperation mit der Universität Bremen weisen bundesweit 2,3% aller Menschen im Alter von 18 bis 70 Jahren eine „Störung durch Glücksspielen“ (≈ Glücksspielsucht) auf. Weitere 5,7% zeigen erste Symptome im Sinne eines riskanten Glücksspielverhaltens. Das entspricht auf Bundesebene in absoluten Zahlen etwa 1,3 Millionen Betroffene mit einer glücksspielbezogenen Störung sowie weitere 3,25 Millionen Betroffene mit einem riskanten Glücksspielverhalten. Runter gebrochen auf das Bundesland Bremen ergeben sich folgende Größenordnungen: Knapp 10.600 Personen dürften als glücksspielsüchtig gelten und etwa 26.200 Personen als riskant spielend. Das Dunkelfeld fließt in diese Berechnung nicht mit ein.